Mehr als 75.000 Unterschriften gegen PHC-Gesetz – Nur 4 Prozent der Österreicher wollen PHC statt dem Hausarzt

Unsere Petition für den Erhalt der Haus- und Vertrauensärzte stößt auf riesige Resonanz.  Nur 4 Prozent der Österreicher wollen den klassischen Hausarzt durch PHC ersetzt wissen, zeigt eine gerade präsentierte Umfrage. Zu fordern ist das sofortige Einlenken der Gesundheitspolitik. Wir werden jedenfalls weiter vehement gegen das geplante PHC-Gesetz ankämpfen.

Ein voller Erfolg ist der Aufruf der Wiener Ärztekammer, die Petition „Für den Erhalt der Haus- und Vertrauensärzte“ zu unterzeichnen und sich dagegen auszusprechen, dass mit einem Primary Health Care-Gesetz anonyme Gesundheitsgroßinstitutionen geschaffen werden. Mehr als 75.000 Personen unterstützen bereits unser Anliegen – und es werden immer mehr! Die Anliegen so vieler besorgter Bürger dürfen die verantwortlichen Politiker weder übersehen noch überhören. Die Politik ist deshalb aufgefordert, die Wünsche der Patienten im Gesetzgebungsprozess nun sofort zu berücksichtigen.

Die Gesundheitspolitik schafft mit dem PHC-Gesetz eine gefährliche Parallelstruktur, die Schritt für Schritt die Hausärzte ersetzen soll und eine Dumpingmedizin erschafft – der billigste Preis und nicht die beste Patientenversorgung stehen hier im Vordergrund. Die Zwei-Klassen-Medizin wird massiv verschärft. 75.390 Unterschriften sind für uns ein klarer Auftrag, den Hausarzt zu stärken und dieses PHC-Gesetz mit allen Mitteln zu verhindern.

Hausarztsystem mit freier Arztwahl

Die Ärztekammer fordert ein Hausarztsystem mit freier Arztwahl, einer Beziehung zum persönlichen Vertrauensarzt, Nähe zum Wohnort sowie einem Erstkontakt der Patienten immer mit einem Arzt. Das bedeutet nicht, dass es keine neuen Versorgungsformen geben soll. Bereits jetzt gibt es mit dem erfolgreichen Pilotprojekt „PHC MedizinMariahilf“ auch ohne ein eigenes PHC-Gesetz ein erstes sogenanntes PHC-Zentrum, das sich sehr bewährt.

Die Ärztekammer ist bereit, die Primärversorgung weiter auszubauen, wenn diese dem vereinbarten Konzept „Das Team rund um den Hausarzt“ entspricht. Bereits jetzt gibt es in Wien zehn allgemeinmedizinische Gruppenpraxen, die diesem Konzept sehr nahekommen und die Primärversorgung in Form von PHC-Zentren mit Unterstützung von Stadt, Krankenkasse und Ärztekammer anbieten könnten. Wichtig ist aber, im Sinne der unterschiedlichen Patientenwünsche zukünftige PHC-Zentren zusätzlich zu herkömmlichen Hausarzt-Einzelordinationen zu etablieren und auch die Haus- und Vertrauensärzte weiter zu erhalten und zu stärken.

Zwei Drittel wissen nicht, was sie sich unter einem Erstversorgungszentrum vorstellen sollen

Was genau ein PHC-Zentrum ist, wissen nur die wenigsten: Auf die diesbezügliche Frage des Gesundheitsbarometers antworteten lediglich 36 Prozent mit „ja“. 64 Prozent wissen auch im Jahr 2016 noch nicht, was sie sich unter einem Erstversorgungszentrum vorstellen sollen. Dass der klassische Hausarzt dadurch ersetzt werden soll, befürworten überhaupt nur 4 Prozent.

Die Erkenntnisse aus der Umfrage sind für mich ein eindeutiges Zeichen dafür, dass wir auch weiterhin, und nicht nur im Interesse der Ärztinnen und Ärzte, sondern auch im Interesse unserer Patienten, vehement gegen das geplante PHC-Gesetz ankämpfen. Die Ergebnisse zeigen, dass die freie Arztwahl sowie die persönliche Beziehung zum Allgemeinmediziner von primärer Wichtigkeit sind. Beide Erfordernisse können nur beim „klassischen Hausarzt“ oder in PHC-Zentren nach dem Konzept „Das Team rund um den Hausarzt“, wie es beispielsweise beim PHC MedizinMariahilf der Fall ist, ermöglicht werden.

Mit diesem ersten Pilotprojekt eines PHC-Zentrums wurde ein Modell mit umfassender Betreuung unter Einbindung unterschiedlicher Gesundheitsberufe und erweiterten Öffnungszeiten geschaffen. Das PHC MedizinMariahilf beweist eindrucksvoll, dass im Konsens zwischen Sozialversicherung, Stadt Wien und Ärztekammer ein innovatives Pilotprojekt realisierbar ist, und das alles ohne Knebelverträge unter dem Deckmantel „PHC-Gesetz“.

Letzteres würde den Kollektivvertrag und Kündigungsschutz für Ärztinnen und Ärzte aushebeln und Konzernen Tür und Tor öffnen. Im neuen Gesetz soll der Gesamtvertrag ausgehebelt und auf die Kompetenz der Ärzteschaft, unter anderem bei Stellenplanung und Honorarverhandlungen, verzichtet werden. Jeder PHC-Betreiber soll als Einzelkämpfer mit der Krankenkasse verhandeln, und das, obwohl 60 Prozent der Österreicher davon überzeugt sind, dass die Politik zu wenig auf die Ärztinnen und Ärzte hört.

Umso weniger kann man verstehen, dass sowohl das Gesundheitsministerium als auch die Sozialversicherungen ein solches Gesetz immer noch durchpeitschen wollen.

Das Team rund um den Hausarzt

Die Ärztekammer hält am Konzept „Das Team rund um den Hausarzt“ fest und steht auch zu ihrem Wort, sich für die Etablierung weiterer Pilotprojekte einzusetzen. Es gibt in Wien bereits zehn weitere allgemeinmedizinische Gruppenpraxen, die sich für ein Projekt wie das PHC MedizinMariahilf eignen würden. Ganz entscheidend für jedes Pilotprojekt ist aber, dass es im Rahmen des Gesamtvertrags zwischen Ärztekammer und Gebietskrankenkasse vereinbart wird.

Die Bereitschaft der Stadt Wien und der Wiener Gebietskrankenkasse, für das Projekt PHC MedizinMariahilf im Rahmen der Gesundheitsreform Geld in die Hand zu nehmen und in den Ausbau des niedergelassenen Bereichs zu investieren, war aus Sicht der Ärztekammer ein immens wichtiger Schritt, dem weitere in diese Richtung folgen sollten. Das Konzept „Das Team rund um den Hausarzt“ hat sich ganz klar bewährt. Den Patienten werden neue Services geboten, und gleichzeitig werden die Vorteile des Hausarztsystems bewahrt.

Voraussetzung dafür muss aber sein, dass die wesentlichen Eckpunkte der derzeitigen Bedingungen weiterhin bestehen bleiben, allen voran der gesamtvertragliche Kündigungsschutz. Dieser Schutz durch den Gesamtvertrag ist für alle freiberuflich tätigen Ärztinnen und Ärzte von äußerster Wichtigkeit.

Gerade für größere Einheiten, in die beachtliche Summen investiert werden müssten, ist es enorm wichtig, durch diesen Kündigungsschutz eine Planungssicherheit zu haben. Im Falle des PHC MedizinMariahilf wurden Investitionen von ungefähr 300.000 Euro getätigt.

Eine Übernahme von PHC-Zentren durch Investoren und Konzerne kommt für die Ärztekammer nicht in Frage. Das sind Unternehmen, die nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung arbeiten. Wir Ärztinnen und Ärzte sind ein freier Berufsstand und besitzen ein Berufsethos, bei dem die Versorgung kranker Menschen im Mittelpunkt steht.

Die Umfrageergebnisse und die 75.390 Unterschriften sind für uns ein klarer Auftrag, den Hausarzt zu stärken und dieses PHC-Gesetz zu verhindern. Sollten die politisch Verantwortlichen nicht endlich auf die Wünsche von Ärzten und Patienten eingehen und den Gesetzesentwurf von Grund auf reparieren, werden wir notfalls auch mit härteren Bandagen kämpfen.