Fünf Empfehlungen für den Bundeskanzler

Bundeskanzler Mag. Christian Kern ist schon aus ureigenem gesundheitspolitischem Interesse Erfolg zu wünschen. Etwas Bereitschaft dazu vorausgesetzt, dürfte es ihm und seinem Team nicht schwer fallen, sich in diesem Bereich zu profilieren: Schließlich sucht der gesundheitspolitischen Murks der vergangenen Jahre seinesgleichen. Einige Stichwörter dazu sind die „Gesundheitsreform“ mit ihrem die Versorgung bedrohenden „Kostendämpfungspfad“, die ELGA-Stümperei, das geplante PHC-Gesetz vom Bundesministerin Dr. Oberhauser und das berüchtigte „Mystery Shopping“.

Bisher hat der Bundeskanzler zwar nicht den Eindruck vermittelt, dass gesundheitspolitische Reformen auf seiner Agenda ganz oben stehen, aber immerhin sind ihm Effizienzsteigerungen und Reformen im Krankenkassen-System ein öffentlich geäußertes Anliegen. Das lässt hoffen, kann aber nicht alles sein, wenn er, wie er sagte, dem Bedürfnis entsprechen will, „dass durch unser Land ein Ruck geht, um Dinge zu verändern“.

So einen Ruck bräuchte die Gesundheitspolitik natürlich in besonders hohem Maße. Weshalb ich dem Regierungschef, der sich schließlich für einen „New Deal“ und neue Formen des Regierens stark macht, zunächst einmal fünf Empfehlungen für Neuorientierungen in der Gesundheitspolitik und im Versorgungssystem auf seinen Weg mitgeben möchte:

Erstens: Bessere Rahmenbedingungen für Ärzte statt Behinderung durch Kassenbürokratie und Sparpolitik.

Die bürokratischen Zumutungen für Ärzte steigen ständig und kosten wertvolle Zeit, die wir besser unseren Patienten widmen sollten. So gehören, um nur ein Beispiel zu nennen, sinnlose Zeitfresser und Behandlungshürden wie das elektronische Arzneimittelbewilligungssystem (ABS) abgeschafft. Es ist nicht einzusehen, warum ein mit einem konkreten Patienten nicht befasster Chefarzt oder ein automatisiertes Computersystem besser beurteilen können sollen, welches Medikament dieser Patient braucht, als der behandelnde Arzt.

Zweitens: Eine Gesundheitspolitik für Bürger und Patienten anstelle von Leistungskürzungen und willkürlicher Verknappung.

So gehören zum Beispiel die problematischen Deckelungen und Degressionen in Kassen-Praxen ersatzlos gestrichen. Sie passen schon gar nicht in eine Zeit, in der es einerseits immer weniger Kassenärzte gibt, und andererseits auf Wunsch der Politik Leistungen aus den Krankenhäusern in den niedergelassenen Bereich transferiert werden sollen. Bzw. Leistungen in Krankenhäusern kontinuierlich zurückgefahren werden.

Drittens: Mehr Freiheit in der Medizin, Schluss mit dem Diktat von Bürokratie und Ökonomie.

Sinnlose Vorschriften und Regelungen, die Patienten keinen Nutzen bringen, gehören abgeschafft. Wirtschaftliche Überlegungen haben ihren Stellenwert, sie dürfen aber nicht dominant darüber bestimmen, wie die intramurale und extramurale Gesundheitsversorgung bis ins Detail auszusehen hat.

Viertens: Mehr Respekt vor der ärztlichen Leistung anstelle von Bevormundung, Bespitzelung und Schikanen.

Ein aktuelles Beispiel ist das skandalöse Mystery Shopping. Es unterminiert das Vertrauen zwischen Arzt und Patient, es erschwert die Behandlung von Patienten, die im Verdachtsfall an eine Krankenkasse weitergeschickt werden müssen, und es fußt auf einem Generalverdacht, der geradezu unfassbar ist. Abzulehnen ist natürlich auch das von der Gesundheitsministerin geplante PHC-Gesetz, dessen unverblümtes Primärziel es ist, den Gesamtvertrag auszuhebeln und die Ärztevertretung an den Rand zu drängen.

Fünftens: Mehr Mitsprache von Ärzten im Gesundheitswesen, anstelle von Eigenmächtigkeiten von Politikern und Bürokraten.

Es ist in den vergangenen Jahren zunehmend ein unschöner Brauch geworden, die Ärzteschaft aus gesundheitspolitischen Entscheidungsprozessen auszuschließen. Wohl weil wir keine braven Ja-Sager sind, sondern unsere Finger auf politische Wunden legen und, auch auf der Grundlage unserer tagtäglichen praktischen Erfahrung, Gegenvorschläge machen, die der Politik oft nicht passen. Das zunehmende Ignorieren der Ärzte-Positionen hat seinen Preis: Österreichs Gesundheitswesen fiel im European Health Consumer Index 2015 auf Platz 35 zurück – 2009 hatten wir noch Platz 4. Schwer vorstellbar, dass dieser Sinkflug nicht auch auf die vielen „Reformen“ um jeden Preis zurückzuführen ist.

Der Bundeskanzler täte gut daran, solche und weitere gesundheitspolitische Anliegen auf der Prioritätenliste der Koalitionsregierung vorzureihen. Sollte sich Mag. Kern dafür entscheiden, die Ärzteschaft verstärkt bei seiner Meinungsbildung und Entscheidungsfindung einzubeziehen, so stellen wir ihm unserer Expertise natürlich sehr gerne zur Verfügung. Für so einen „New Deal“ wären wir gerne zu haben.