Dass die Ärztekammer den Tag der Allgemeinmedizin – der dieses Jahr in Salzburg stattfindet – anbietet, hat eine Reihe von Gründen. In erster Linie möchten wir kompetent und profund über das Fach Allgemeinmedizin informieren, um eine zusätzliche Grundlage für Ihre beruflichen Entscheidungen anzubieten. Anders ausgedrückt: Wir möchten heute Werbung für das Fach Allgemeinmedizin machen. In Zeiten der Ärzteknappheit gibt es zwischen den einzelnen Fächern der Medizin einen regelrechten Wettbewerb um junge Medizinerinnen und Mediziner, und an diesem Wettbewerb beteiligt sich aus mehreren Gründen auch die Allgemeinmedizin.
Allgemeinmedizin ist auf dem Weg zum Mangelberuf
Ein Grund ist, dass der Beruf des Allgemeinmediziners zu einem Mangelberuf zu werden droht. Damit steht dieses Fach nicht alleine, auch andere Fächer sind von dieser Entwicklung betroffen. Aber es gilt in der Allgemeinmedizin ganz besonders, solchen Trends gegenzusteuern. Denn von den niedergelassenen Allgemeinmedizinern mit Kassenvertrag werden in den kommenden zehn Jahren mehr als die Hälfte das Pensionsalter erreicht haben, bei den Wahlärzten sind es rund 40 Prozent. Und ausreichender Nachwuchs ist leider nicht in Sicht, die Kandidaten-Zahlen zu den Prüfungen zum Allgemeinmediziner sind sogar rückläufig. Das ist sehr problematisch, weil die Allgemeinmedizin eine zentrale Basis der Gesundheitsversorgung ist.
Subjektive Berufsaussichten werden besser
Dass die Allgemeinmedizin zunehmend zum Mangelberuf wird, hat neben den vielen problematischen Seiten dieser Entwicklung auch etwas subjektiv Vorteilhaftes: Im Spiel von Angebot und Nachfrage werden die Berufsaussichten in der Allgemeinmedizin wohl immer besser werden. Die bereits bestehende Knappheit an Allgemeinmedizinern, die sich in Zukunft – wenn nicht wirksam gegengesteuert wird – zu einem echten Ärztemangel auszuwachsen droht, wird aus heutiger Sicht die Allgemeinmedizin zu einer stark umworbenen Profession mit sehr vielen beruflichen Möglichkeit werden lassen.
Zentrale Rolle in der Gesundheitsversorgung
Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin haben schon heute zum Beispiel in der niedergelassenen Gesundheitsversorgung eine zentrale Rolle als Haus- und Familienärzte. Schon aufgrund der zunehmenden Spezialisierung in der modernen Medizin – nicht zuletzt beschleunigt durch Entwicklungen wie Künstliche Intelligenz in Diagnose und Therapie, oder dem Trend zur Online-Medizin – wird die Bedeutung der Generalisten in Zukunft weiter zunehmen. Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner werden wohl zunehmend zu jener ärztlichen Instanz, die in engem Kontakt mit den Patienten die fachärztlichen Aktivitäten koordiniert und als Ansprechpartner in beide Richtungen zur Verfügung steht. Das ist nicht nur eine zentrale Rolle in der Behandlung von Patientinnen und Patienten, sondern auch ein Beruf mit einem sehr hohen Zufriedenheits-Potenzial. Dieser Gesichtspunkt sollte, neben anderen Aspekten wie den Einkünften und der Work-Life-Balance, nicht übersehen werden.
Bessere Rahmenbedingungen für die ärztliche Tätigkeit
Politisch bemühe ich mich um bessere Rahmenbedingungen für die ärztliche Tätigkeit. Es geht mir darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, die von jungen Ärztinnen und Ärzten als ausreichend attraktiv empfunden werden. Dazu ist es zunächst einmal wichtig zu wissen, was Medizinstudierende und Jungärzte wollen und wie sie sich ihren Beruf vorstellen. Das ist eine Voraussetzung dafür, dass diese Vorstellungen in unsere politische Arbeit einfließen können und so die Rahmenbedingungen, innerhalb derer die Ärzte der Zukunft arbeiten werden, mit zu prägen. Um die Erwartungen von Studierenden und Jungärzten kennen zu lernen, veranstalten wir unter anderem World Cafés und machen regelmäßig Umfragen, deren Ergebnisse dann in unsere standespolitische Arbeit einfließen.
Informationen durch erfahrene Praktiker
Unter anderem deshalb bieten wir Medizinstudierenden und Jungärzten Informationen über den Arztberuf, heute eben über die Allgemeinmedizin, in bestmöglicher Tiefe und Breite. Ein wesentlicher Baustein ist hier der Austausch mir erfahrenen Ärztinnen und Ärzten, diese können wohl am besten vermitteln, was in der Praxis der Allgemeinmedizin auf einen zukommt.
Wichtige Rolle der Lehrpraxis
Eine sehr wichtige Rolle spielt hier auch die Lehrpraxis, also die Möglichkeit, bei einem niedergelassenen Arzt auf bezahlter Basis zu arbeiten und Erfahrungen zu sammeln. Die Lehrpraxis schließt eine Informationslücke, indem sie es ermöglicht, sich durch das Hineinschnuppern in den Praxisalltag besser orientieren zu können. Die Lehrpraxis, deren Finanzierung durch die öffentliche Hand seit dem Vorjahr gesichert ist, wird wohl zusätzliche Impulse für die Entscheidung geben, sich für die Allgemeinmedizin zu entscheiden. Und zusätzlich wird sie zu einer besseren Ausbildung beitragen.
Anstellung von Ärzten bei Ärzten
Inzwischen gibt es einen weiteren wichtigen Fortschritt. Die Ärztekammer konnte sich kürzlich mit ihrer Forderung durchsetzen, dass Ärzte bei niedergelassenen Ärzten angestellt sein können – das gab es vorher nicht. Das bietet nicht nur eine bessere Absicherung als die gelegentliche Vertretung, damit können auch die individuellen Vorstellungen und Lebensumstände des einzelnen Arztes und der einzelnen Ärztin noch besser berücksichtigt werden.
Bessere Rahmenbedingungen: Themen auf der Agenda
Es gibt aber noch einiges zu tun, um die Allgemeinmedizin ihrem Stellenwert entsprechend zu positionieren. Zum Beispiel muss die Einkommenslücke zwischen Allgemeinmedizinern und Fachärzten geschlossen werden, der Bürokratieaufwand muss reduziert werden, der Facharzt für Allgemeinmedizin muss endlich Realität werden, und die Universitäten müssen das Fach Allgemeinmedizin stärker fördern. An all diesen Themen arbeiten wir. Die Förderung der Allgemeinmedizin und des allgemeinmedizinischen Mediziner-Nachwuchses steht also sehr prominent auf unserer Agenda.