Vereinbarung mit dem HV zur Anstellung von Ärzten bei Ärzten: ÖÄK-Forderung ging endlich in Erfüllung

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und die Österreichische Ärztekammer haben sich auf eine gesamtvertragliche Vereinbarung geeinigt, die die Bedingungen für den Einsatz von Ärzten bei Ärzten gemäß Ärztegesetz regelt. Dem vorausgegangen sind lange und intensive Verhandlungsrunden. Vorbehaltlich der Beschlussfassung in den jeweiligen Gremien tritt die Vereinbarung am 1. Oktober 2019 in Kraft. Die Vereinbarung wurde heute in Alpbach bei einer gemeinsamen Pressekonferenz vorgestellt.

Damit ist ein lang gehegter Wunsch der Ärztekammer in Erfüllung gegangen: Mit der Möglichkeit der Anstellung von Ärzten bei Ärzten ist eine kurzfristige Bedarfsabdeckung leichter möglich, die Patientenversorgung im niedergelassenen Bereich wird ausgeweitet und die Patienten können mit teils erweiterten Ordinationsöffnungszeiten rechnen.

Auch für die Ärzteschaft gibt es entscheidende Vorteile: Die Vereinbarung bildet die Wirklichkeit des Arbeitsalltags besser ab, weil Teilzeitverhältnisse ermöglicht wird. Dies wiederum hat direkte Auswirkungen auf die Work-Life-Balance des Arztes. Wir wissen, dass vor allem junge Kolleginnen und Kollegen dem System oft verloren gehen, weil sie zu wenig attraktive Teilzeitarbeitsmodelle vorfinden. Zumindest im niedergelassenen Bereich steht nun eine attraktive Alternative zur Verfügung, zum Beispiel im Falle eines Wiedereinstiegs nach einer Karenz. Ältere ordinationsführende Ärztinnen und Ärzte haben zudem die Möglichkeit einer deutlichen Arbeitserleichterung vor ihrem Pensionsantritt.

Die Kontinuität im ärztlichen Ablauf einer Ordination ist durch die neue Vereinbarung nicht gefährdet. Einerseits darf ein Arzt im Vollzeitäquivalent von 40 Stunden höchstens ein anderes Vollzeitäquivalent einstellen (Gruppenpraxen, Primärversorgungseinheiten: zwei). Andererseits regelt die Vereinbarung, dass der Ordinationsinhaber maßgeblich zur persönlichen Berufsausübung in der Ordination verpflichtet ist, er also nicht die Hauptarbeit dem angestellten Arzt überlassen oder sich gänzlich aus dem Ordinationsbetrieb zurückziehen darf.

Die Vereinbarung sieht folgende Eckpunkte vor:

  • Ausweitung der Versorgung: Die Anstellung eines fachgleichen Arztes ist sowohl für die Aufstockung der Vertragsarztstelle und damit die Erweiterung des Leistungsspektrums (temporär oder auf Dauer) als auch für die gemeinsame Abdeckung der vorhandenen Vertragsarztstelle (vergleichbar dem Jobsharing) möglich. Bekannt gegeben werden müssen vom Vertragsarzt (Vertragsgruppenpraxis, Primärversorgungseinheit) die Zeitdauer, das Ausmaß der geplanten Anstellung sowie, wenn eine Aufstockung der Kassenstelle angestrebt wird, die geplante Steigerung der Patientenzahl und die geplanten Öffnungszeiten.
  • Abrechnung durch den Vertragsarzt (Vertragsgruppenpraxis, Primärversorgungseinheit): Die vom angestellten Arzt erbrachten Leistungen können mit dem Versicherungsträger im selben Ausmaß abgerechnet werden, wie dies bei Erbringung der Leistung durch den Vertragsarzt (Vertragsgruppenpraxis, Primärversorgungseinheit) möglich wäre. Die Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen gegenüber dem Versicherungsträger erfolgt ausschließlich durch den Vertragsarzt (Vertragsgruppenpraxis, Primärversorgungseinheit); der angestellte Arzt erhält das zwischen ihm und dem Vertragspartner als Dienstgeber vereinbarte Entgelt.
  • Unbefristete Anstellungen im Falle eines festgestellten Ärztemangels: Wenn im Rahmen der Stellenplanung zwischen der zuständigen Landesärztekammer und dem ASVG-Versicherungsträger im Versorgungsgebiet ein ungedeckter Bedarf an einer vollen oder anteiligen Kassenstelle festgestellt wird, der mangels Bewerber für die konkrete Stelle nicht durch die Ausschreibung einer Einzelpraxis oder einer Gruppenpraxis beziehungsweise eines Gruppenpraxisanteils abgedeckt werden kann, ist die Genehmigung der Anstellung unbefristet zu erteilen.
  • Befristete Anstellungen im Falle eines zeitlich begrenzten Zusatzbedarfs: Im Falle eines zeitlich begrenzten Zusatzbedarfs (zum Beispiel zum Abbau von Wartezeiten oder bei Teilabdeckung einer vakanten Stelle) wird die Genehmigung der Anstellung nur befristet erteilt.
  • Teilweise erweiterte Öffnungszeiten: Erfolgt die Anstellung zur Aufstockung der Vertragsarztstelle (Vertragsgruppenpraxis, Primärversorgungseinheit), müssen die Öffnungszeiten entsprechend angepasst werden. Erfolgt die Anstellung jedoch ohne Zusatzbedarf, gelten die bisherigen Öffnungszeiten des Vertragsarztes (Vertragsgruppenpraxis, Primärversorgungseinheit).
  • Alterslimit: 70 Jahre: Der anzustellende Arzt darf zum Zeitpunkt der Anstellung das 70. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, es sei denn, Landesärztekammer und Versicherungsträger erteilen eine Ausnahmegenehmigung wegen drohender ärztlicher Unterversorgung.
  • Freie Arztwahl für die Patienten sichergestellt: Zur Sicherstellung der freien Arztwahl sind die regelmäßigen (wenn möglich auch aktuellen) Anwesenheitszeiten des Vertragsarztes (Gesellschafter einer Vertragsgruppenpraxis beziehungsweise Primärversorgungseinheit) und des angestellten Arztes gegenüber den Patienten transparent zu machen.

Vielen Dank an HV-Vorsitzenden Dr. Alexander Biach für die abermals gute Zusammenarbeit und konstruktive Verhandlung.