Neue Umfrageergebnisse zur Berufsmotivation: Allgemeinmedizin braucht Werbung, Öffentlichkeitsarbeit und Lobbying

Ausgehend von den Ergebnissen der bisher größten Umfrage zu diesem Thema möchte die Ärztevertretung einen mehrstufigen Kommunikations- und Entscheidungsfindungs-Prozess mit den wichtigsten Stakeholdern des Gesundheitssystems anstoßen. Unser Wunschziel ist die Einbindung möglichst aller Player, um gemeinsam entsprechende Maßnahmen zu erarbeitet und umzusetzen, damit unser Ausbildungs- und Gesundheitsversorgungs-System zukunftsfit wird.

Die Allgemeinmedizin braucht Werbung, Öffentlichkeitsarbeit und Lobbying. Sonst wird sie zu einem bedrohten Fach, und der Beruf des Allgemeinmediziners zum Mangelberuf. Damit würde schon bald eine wichtige Säule der niedergelassenen Gesundheitsversorgung einknicken. Bei einer Umfrage der Hochschülerschaft an der Medizinuniversität Innsbruck zeigten sich gerade einmal 8 Prozent der Medizin-Studierenden an einer Karriere in der Allgemeinmedizin interessiert.

Die Ärztevertretung engagiert sich seit vielen Jahren beim Thema medizinischer Nachwuchs. 2014 haben wir ein World-Café mit Studierenden, Jungmedizinern und ÖH-Vertretern organisiert, bei dem es u.a. um Gesichtspunkte der Berufsentscheidung und der medizinischen und nicht-medizinischen Ausbildung ging. 2015 führte der Meinungsforscher Dr. Peter Hajek auf der Grundlage der Ergebnisse des World Cafe eine Umfrage zum Thema „Ärztenachwuchsmangel in Österreich“ durch.

Und heute haben wir auf einer Pressekonferenz die Ergebnisse einer im Auftrag der Ärztekammer vom „Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung“ der Medizinischen Universität Graz durchgeführten Umfrage zur Berufsmotivation zur Allgemeinmedizin vorgestellt. Diese Erhebung der ist die größte Umfrage dieser Art, die es in Österreich je gegeben hat.

Fazit der bisher größten Umfrage

Fazit in aller Kürze: Es besteht durchaus Interesse am Beruf des Allgemeinmediziners (auch auf dem Lande), der ein positives Image hat und als interessant gesehen wird. Gewünscht wird u. a. eine bessere Vorbereitung auf diesen Beruf, weniger Bürokratie, mehr Zeit für Patienten, eine Vielfalt von Beschäftigungsoptionen (die „klassische“ Einzelpraxis sei keineswegs „out“: fast jeder zweite Befragte bevorzugt diese Arbeitsform), und mehr Wertschätzung durch die Politik.

Die neuen Studienergebnisse bieten uns eine Fülle interessanter Einsichten und sollen auf gar keinen Fall einfach präsentiert und dann schubladisiert werden. Wir verfügen jetzt über eine belastbare, empirisch gestützte Evidenz darüber, was Studierende und Jungmediziner wollen und was nicht. Wo sie Informations- und Aufklärungsbedarf sehen, welche Bedenken sie haben und wie man hier Abhilfe schaffen kann. Diese Evidenz einfach zu ignorieren, wäre schlicht fahrlässig. Und ein Ausbildungs- und Gesundheitsversorgungs-System tut gut daran, die Vorstellungen des medizinischen Nachwuchses aufzugreifen und zu integrieren, und keine Politik gegen diese Vorstellungen zu machen.

Ausbildungs- und Gesundheitsversorgungs-System sollen gemeinsam zukunftsfit gemacht werden

Die Ärztevertretung möchte deshalb, ausgehend von diesen Studiendaten, einen mehrstufigen Kommunikations- und Entscheidungsfindungs-Prozess mit den wichtigsten Stakeholdern des Gesundheitssystems anstoßen. Unser Wunschziel ist die Einbindung möglichst aller Player, zum Beispiel das Gesundheits- und das Bildungsministerium, Medizinische Universitäten, die Hochschülerschaft, den Hauptverband der Sozialversicherungsträger, einzelne Krankenkassen, etc. Gemeinsam sollen, unter bestmöglicher Berücksichtigung der neuen Studienergebnisse, entsprechende Maßnahmen erarbeitet und umgesetzt werden, um unser Ausbildungs- und Gesundheitsversorgungs-System zukunftsfit gemacht werden.

Bilaterale Gespräche mit diesen Playern sind bereits im Gange. Die wissenschaftlichen Leiter der Umfrage präsentieren dort die Studie und ausgewählte Studienergebnisse, die für das jeweilige Gegenüber besonders relevant sind. Dabei werden die Gesprächspartner zu weiteren gemeinsamen Aktivitäten eingeladen und es werden weitere mögliche Schritte diskutiert. Das können kleinere oder größere Workshops sein, in denen in unterschiedlichen Konstellationen Lösungen erarbeitet werden, und Symposien, auf denen die Ergebnisse vorgestellt und diskutiert werden.

Details dieses Kommunikations- und Entscheidungsfindungs-Prozesses müssen gemeinsam festgelegt werden. Je mehr Stakeholder dabei mitmachen, je höher die Bereitschaft zu Austausch und Kooperation, je ausgeprägter der Wille, auf die Studienergebnisse konstruktiv und konsequent zu reagieren, desto besser wird das Ergebnis ausfallen.

Darüber hinaus werden die wissenschaftlichen Leiter der Studie künftig relevante Sub-Themen definieren und dazu gezielt Daten auswerten. Diese sollen aus gegebenen Anlässen der Öffentlichkeit oder für das Thema relevanten Teil-Öffentlichkeiten vorgestellt werden und eine zusätzliche Basis für Entscheidungen liefern.

Angebot an Stakeholder: Weichen in einem konstruktiven Prozess optimal stellen

Das Ermöglichen der bisher größten Umfrage zu diesem Thema und die wissenschaftliche Auswertung der Ergebnisse sowie die Kontaktaufnahme mit den anderen Stakeholdern verstehen sich als Angebot und Initiative der Ärztekammer, die Weichen für die Zukunft der Gesundheitsversorgung in einem konstruktiven Prozess optimal zu stellen. Es ist zu hoffen, dass möglichst viele der von uns angesprochenen Stakeholder dieses Angebot annehmen.