Entscheidungshilfe zur EU-Wahl: Ärzte/-innen-Fragen an die österreichischen Kandidat/innen und ihre Antworten

Folgende Fragen habe ich an die österreichischen KandidatInnen zum Europäischen Parlament gestellt.

  1. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass im Rahmen der EU die Rolle niedergelassener Ärztinnen und Ärzte als Freiberufler nicht in Frage gestellt wird?
  2. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass im Rahmen der EU die Rolle niedergelassener Ärztinnen und Ärzte in Zukunft gestärkt, und nicht geschwächt wird?
  3. Werden Sie sich im Rahmen der EU dafür einsetzen, dass im Zentrum der Erstversorgung (Primary Health Care) der Haus- und Vertrauensarzt der persönlichen Wahl steht?
  4. Wie stehen Sie zu einer Weiterentwicklung des grenzüberschreitenden Austausches von Patientendaten und -informationen? Soll das österreichische ELGA-System Teil eines solchen Austausches werden? Wie soll in einem solchen Zusammenhang die Sicherheit sensibler Gesundheitsdaten gewährleistet werden?
  5. Im Europäischen Parlament werden zunehmend Opt-in-Modelle gefordert (anstelle von Opt-out-Modellen). Werden Sie Ihrer Partei empfehlen, im Zusammenhang mit ELGA diesem europäischen Weg zu folgen?
  6. In vielen ländlichen Regionen Österreichs wird es immer schwieriger, für in Pension gehende Landärztinnen und Landärzte eine Nachfolge zu finden. Eine Reihe von EU-Staaten hat gezielte Förderprogramme zur Absicherung der Landmedizin gestartet. Welche konkreten Vorschläge haben Sie, um dem Ärztemangel auf dem Land entgegenzutreten?
  7. Werden Sie sich im Rahmen der EU dafür einsetzen, dass die gesetzlichen Regelungen für den Nichtraucherschutz so adaptiert werden, dass es in Österreich keine für die Gesundheit problematischen „Schlupflöcher“ gibt?

Hier gibt es die Antworten von ÖVP, SPÖ, Grünen, FPÖ, BZÖ und NEOS im vollen Wortlaut.

 ÖVP – MEP Mag. Othmar Karas

  1. Unser Gesundheitssystem muss nach klaren, abgestuften Prioritäten funktionieren: Prävention vor Behandlung – Behandlung vor Rehabilitation, ambulante vor stationärer Behandlung – Versorgung durch Niedergelassene vor der Versorgung durch Spitalsambulanzen. Der Dreh- und Angelpunkt unseres gesamten Gesundheitssystems sollen deshalb die Hausärzte sein. Dazu wollen wir den niedergelassenen Bereich stärken und die Spitäler und die teilweise überfüllten Spitalsambulanzen entlasten. Dafür werden wir uns auf allen relevanten Ebenen einsetzen. Festzuhalten ist jedoch, dass die EU in diesem Bereich nicht die Kompetenzen hat, in diese Fragen der nationalen Gesundheitsversorgung regelnd einzugreifen.
  2. Siehe unsere Antwort auf Frage 1.
  3. Es ist unser klares Ziel, im Sinne der Patientinnen und Patienten in Österreich die flächendeckende und wohnortnahe Versorgung mit Gesundheitsleistungen in bestmöglicher Qualität sicherzustellen. Die Stärkung des Hausarztes ist dafür eine zentrale Maßnahme. Wiederum muss hier jedoch darauf hingewiesen werden, dass es in diesem Bereich keine Kompetenzen der EU gibt.
  4. Zunächst sollte die Umsetzung von ELGA in Österreich möglichst rasch erfolgen und nach wie vor bestehende Probleme gelöst werden. Erst danach könnte man theoretisch über weitere Schritte nachdenken. Derzeit wäre ein derartiger Austausch jedoch weder technisch noch politisch möglich. Sensible Gesundheitsdaten müssen natürlich ganz klar und sicher geschützt werden, aus diesem Grund ist eine europaweite Vernetzung derzeit sicherlich nicht sinnvoll.
  5. Wir wollen hier an der bestehenden gesetzlichen Regelung in Österreich festhalten.
  6. Besonders im ländlichen Raum sind Patientinnen und Patienten auf ein funktionierendes Hausarztsystem angewiesen. Deshalb ist es uns ein wichtiges Anliegen, die wohnortnahe ärztliche Versorgung sicherzustellen. Dazu braucht es auch weiterhin ein flächendeckendes Netz an Ärzten und öffentlichen Apotheken vor allem auch im ländlichen Bereich, das wir durch attraktive Rahmenbedingungen sicherstellen wollen.
  7. Nichtraucherschutz ist uns ein wichtiges Anliegen. Gastronomen in Österreich haben in den letzten Jahren ihre Lokale an das neue Rauchergesetz angepasst und sind dadurch hohe Kosten eingegangen. Im Sinne des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit, müssen sie sich jetzt auf die geltenden Bestimmungen verlassen können. Die EU hat in dieser Sache nur eine Empfehlung abgegeben und kann nicht in die österreichische Rechtslage eingreifen.

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Mag. Claudia Schmidt, ÖVP

6. Der ländliche Raum wird immer mehr ausgedünnt, dass betrifft beinahe alle identitätsstiftenden Einrichtungen der Grundversorgung wie Post, Polizei, Ärzte und Schulen um die Wichtigsten zu nennen. Das Problem der Landmedizin verstehe ich als Teil eines größeren Problems. Insgesamt muss die Attraktivität des ländlichen Raums gesteigert werden und diesen Satz wir ihnen jeder Politiker auch so schreiben. Der Knackpunkt ist aber natürlich die ökonomische Frage für die Allgemeinheit bzw. die individuelle Frage der Karriere und des Verdienstes bei den Medizinern selbst.

Ich sehe die Aufgabe der Politik grundsätzlich darin konsensfähige Rahmen zu schaffen. Innerhalb dieses Rahmen muss die Gemeinde als kleinste Einheit im Staat die Möglichkeit haben ihren Bürgern die notwendige Kerninfrastruktur zur Verfügung zu stellen. Die Voraussetzungen und Wünsche der Gemeinden sind allerdings grundverschieden. Als Kandidatin der Westachse befinden sich etwas mehr als 400 Gemeinden in meinem „Wahlkreis“ deren Ansprüche allesamt unterschiedlich sind.

Ich werde mich also definitiv nicht daran beteiligen ein theoretisches Bild einer Mustergemeinde samt planwirtschaftlicher Musterinfrastruktur zu erzeugen, dass dann als Raster und „best practice“  Beispiel den realen Gemeinde vorgehalten wird. Es wird nie die eine Maßnahme geben, die alle Bedürfnisse befriedigt.

Was wir allerdings dringend brauchen ist eine gesamtgesellschaftliche Debatte was an ärztlicher Grundversorgung im ländlichen Raum notwendig ist und was  uns diese als Gesellschaft wert ist. Diese Diskussion in die Breite zu tragen, weg vom kleinen Kreis der informierten hin zu den Betroffenen. Das ist meine Aufgabe und mein Beitrag als Politikerin, allerdings unter den Vorzeichen, dass auch die Nachteile genannt werden. Das ist aber keine ureuropäische Aufgabe sondern Aufgabe des Nationalstaates. Natürlich sind Details auch auf europäischer Ebene zu regeln, man kann Anreize schaffen und bei passender Gelegenheit auch Anleihen nehmen. Trotzdem ist das Gesundheitswesen und die Grundsatzentscheidungen dazu auf nationaler Ebene anzusiedeln – es ist und bleibt ein hausgemachtes Problem.

7. Wie Sie bei obiger Antwort bemerkt haben bin ich eine überzeugte Anhängerin des Subsidiaritätsprinzips. Wenn ein Land tatsächlich die Europäische Union braucht um Regelungen zum Thema Nichtraucherschutz treffen zu können, dann sollte man sich ernsthaft Sorgen um dieses Land machen.

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SPÖ Delegation

1.  Die Gesundheitspolitik in der Europäischen Union ist nach wie vor eine Angelegenheit der Nationalstaaten. Die EU verfügt über entsprechende Kompetenzen, um die Mitgliedstaaten zu unterstützen und ihre Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Gesundheitswesens zu fördern. Ebenso ist jedes EU-Land für sein eigenes Schul- und Berufsbildungssystem zuständig, die EU unterstützt es nur bei der Festlegung gemeinsamer Ziele und beim Austausch empfehlenswerter Verfahren. Wir sind grundsätzlich der Meinung, dass bei allen Aktivitäten der EU das Subsidiaritätsprinzip beachtete werden sollte. Das bedeutet, dass die EU nur dann ins Geschehen eingreifen darf, wenn die betreffenden Angelegenheiten nicht auf einzelstaatlicher Ebene gelöst werden können.

2. Im Rahmen der Niederlassungsfreiheit hat die Europäische Union in einzelnen Berufen bereits in den 70er Jahren Richtlinien für die Anerkennung der Diplome erlassen. Dazu gehören Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte, Apotheker, Krankenschwestern/Krankenpfleger und Hebammen, aber auch Architekten. Dieses Verfahren wurde in der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen geregelt, die in Österreich und den anderen europäischen Staaten der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) in nationales Recht umgesetzt worden ist. Im Sommer 2013 ist eine Modernisierung der Richtlinie beschlossen worden, welche die Anerkennungsverfahren vereinfachen und beschleunigen wird. Für bestimmte Berufe wird es in Zukunft einen elektronischen Berufsausweis geben. Wie bereits oben erwähnt, liegt aber die Kompetenz bei der Erlassung von Gesetzen im Bereich der Berufs- und Bildungspolitik bei den Nationalstaaten.

3. Haus- und Vertrauensärzte sind wichtige Ansprechpersonen, besonders für ältere Menschen. Bei der Gesundheit steht für die SPÖ-EU-Delegation auch weiterhin der Zugang aller Menschen zur bestmöglichen medizinischen Versorgung im Mittelpunkt. Gleichzeitig gilt es, Innovation und Forschung voranzutreiben. Auf keinen Fall darf es zu Kürzungen im Gesundheitsbereich kommen, die wegen der Wirtschaftskrise immer wieder gefordert werden. Einsparungen, speziell in der Prävention, sind alles andere als sinnvoll und hätten langfristig nur ein Anwachsen der Kosten zur Folge.

4.  Die Elektronische Gesundheitsakte ELGA steht als moderne und sichere Infrastruktur allen Bürgerinnen und Bürgern sowie Patientinnen und Patienten des österreichischen Gesundheitssystems zur Verfügung. ELGA betrifft zunächst nur österreichische Gesundheitsdiensteanbieter. ELGA basiert auf internationalen Standards, sodass eine künftige grenzüberschreitende Nutzung – zumindest einzelner Funktionalitäten, wie z.B. PatientInnenidentifikation, Dokumentenaustausch – wünschenswert wäre. Das BMG ist diesbezüglich in regelmäßigem Austausch mit den KollegInnen auf europäischer Ebene. Derzeit befinden sich viele Mitgliedstaaten in einem Reformprozess ihrer Gesundheitssysteme, der unter anderem auf die Etablierung von eHealth abzielt. Die Berücksichtigung der Erfahrungen anderer Länder und europäischer Anliegen kann dazu beitragen, etwa teure Mehrfachentwicklungen zu vermeiden. Insgesamt 39 Projektpartner, darunter über 20 Mitgliedstaaten, einige Nicht-EU-Länder sowie verschiedene andere Organisationen haben sich daher in der eHealth Governance Initiative (eHGI) zusammengefunden, um eine bessere Abstimmung zu erreichen. Die Projektkoordination liegt beim Gesundheitsministerium. Ziel ist, die Qualität der Gesundheitsversorgung auf europäischer Ebene durch Unterstützung mit elektronischen Diensten nachhaltig zu verbessern.

5.  Die österreichische Regierung hat sich für die Möglichkeit des Opt-out entschieden, weil ELGA Vorteile sowohl für Patientinnen und Patienten, als auch für ÄrztInnen und auch das Gesundheitssystem an sich bringt. Vorteile, von denen wir überzeugt sind, sie der ganzen Bevölkerung zukommen lassen zu wollen. Im Übrigen spricht sich nach wie vor die überwiegende Mehrheit der Österreicher für die Elektronische Gesundheitsakte aus – ein Opt-in Verfahren würde für den Großteil der österreichischen Bevölkerung einen administrativen Aufwand erfordern. Genannt seien in Kürze die noch bessere Behandlungsqualität durch zeit- und ortsunabhängige Zurverfügungstellung relevanter (Vor-)Informationen, die Reduzierung von Doppeluntersuchungen sowie die Kontrolle über die eigenen Daten und auch, wer in diese eingesehen hat. Wie schon oft erwähnt, ist eindeutig geregelt, dass nur die PatientInnen selbst und jene berechtigten Ärzte, denen sie ihr Vertrauen schenken, Zugriff auf die Befunde haben werden. Darüber hinaus hat aber jeder Patient die Möglichkeit, ganz oder teilweise von einem Opt-out Gebrauch zu machen und beispielsweise nur an der e-Medikation teilzunehmen. Das kann jederzeit geändert, zurückgenommen oder erneuert werden. Patientinnen haben diesbezüglich die volle Freiheit.

 6.  Sowohl die ärztliche Versorgung als auch die Arzneimittelversorgung im ländlichen Raum sind für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wichtige gesundheitspolitische Anliegen. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Thematik „Landarzt-Mangel“ einem gesellschaftlichen Wandel entspricht. So ist eine grundsätzliche Verlagerung der Interessen von Jungärztinnen und -ärzten zu beobachten; es ist bekannt, dass Turnusstellen in Krankenhäusern im ländlichen Bereich frei sind, hingegen z.B. für Ausbildungsstellen in urbanen Zentralräumen lange Wartezeiten in Kauf genommen werden. Dieses allgemeine Ausrichtungsproblem von Jungärzten entspricht wohl einem allgemeinen gesellschaftlichen Trend – und dies nicht nur in Österreich. Wichtig ist eine Erhöhung der Attraktivität der medizinischen Tätigkeit auf dem Land. Es wird zukünftig nötig sein, flexiblere Strukturen und neue innovative Kooperationsformen zwischen niedergelassenen Ärzten für Allgemeinmedizin und Apotheken zu entwickeln, um die Versorgung im ländlichen Raum sicherzustellen. Letztlich kommt es auf das Zusammenwirken der für die jeweilige Region zuständigen Vertragspartner sowie der Landes- und Gemeindepolitik an.

7. Im Gesundheitsbereich stehen Gesetzgebungsprozesse im Vordergrund, die die nationalen Bemühungen um die Gesundheit der Bevölkerung unterstützen sollen. Das betrifft etwa die Verschärfungen bei Regelungen zu den Tabakvorschriften, die kürzlich erlassen wurden. Die SPÖ-EU-Delegation erwartet sich aufgrund der Tabakregelungen, die heuer im EU-Parlament beschlossen wurden, spürbare Verbesserungen für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger und sind davon überzeugt, dass mit diesen Maßnahmen das Wohlbefinden steigen wird, die Gesundheitskosten im Gegensatz dazu für diesen Bereich sinken werden. Die SPÖ-EU-Delegation ist überzeugt, dass wir in den vergangenen Jahren den richtigen Weg im Kampf für mehr Nichtraucherschutz eingeschlagen haben und wir hier konsequent, aber auch mit Augenmaß, weitergehen müssen.

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Grüne Delegation

1. Die ärztliche Freiberuflichkeit ist für die Grünen ein Garant für die Entscheidungsfreiheit und die Qualität der ärztlichen Berufsausübung. Die Freiberuflichkeit und Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung garantieren, dass Patienten ihren ÄrztInnen vertrauen. Wir werden uns deshalb dafür einsetzen, dass im Rahmen der EU die Freiberuflichkeit niedergelassener ÄrztInnen nicht in Frage gestellt wird.

2. Ja, siehe Antwort auf Frage 3

3. Ja, denn wir finden, dass in der Primärversorgung (Primary Health Care) die PatientInnen die freie Wahl ihrer Vertrauensärzte haben müssen, egal ob diese in einer Einzelpraxis oder in interdisziplinären oder multiprofessionellen Gesundheitszentren arbeiten. Wir halten es für wichtig, dass alle Gesundheitsberufe auf Augenhöhe zum Wohle der PatientInnen zusammenarbeiten.

4. Wir sind der Ansicht, dass sensible persönliche Daten ausschließlich den PatientInnen gehören und PatientInnen darüber verfügen können sollen. (Massen-)Datenspeicherung erfordert die bestmögliche Datensicherheit, aber auch absolute Transparenz und Mitentscheidungs- und Eingriffsrechte für die PatientInnen, was mit ihren Daten passiert und wer darauf zugreifen darf. Das österreichische ELGA System ist noch nicht erprobt und soll daher nicht Teil des grenzüberschreitenden Austausches von PatientInnendaten sein. Das ist unseren Informationen nach auch in Zukunft nicht geplant. Eine derartige Verknüpfung würden die Grünen auch ablehnen.

5. Wir sind der Überzeugung, dass die Gesundheitsdaten den PatientInnen gehören und ausschließlich die PatientInnen entscheiden sollten, wo ihre Gesundheitsdaten gespeichert werden. ELGA darf keine Zwangsverpflichtung sein, aus der man nur mit elektronischen Vorkenntnissen kompliziert wieder aussteigen kann. Die Grünen treten deshalb dafür ein, bei ELGA vom Opt-out zu einem Opt-in-Modell zu wechseln.

6. Die demographische Situation führt dazu, dass in den nächsten Jahren viele ÄrztInnen in Pension gehen. Gleichzeitig ist es für junge Ärzte und vor allem Ärztinnen nicht mehr attraktiv, eine Landarztpraxis zu übernehmen. Dieser Situation muss mit besonderen Maßnahmen begegnet werden. Die Grünen können sich sowohl einen eigenen Gesamtvertrag für LandärztInnen als auch die Schaffung von Fördergebieten im ländlichen Raum, in denen es heute schon Versorgungsengpässe gibt bzw. perspektivisch geben kann, vorstellen. Damit soll eine gute ärztliche Grundversorgung in den ländlichen Regionen für die künftigen Jahre gesichert werden.

7. Ein ganz wichtiger Punkt ist, dass für junge ÄrztInnen die work-life-Balance und die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben von immer größerer Bedeutung werden. Deshalb muss es ermöglicht werden, dass ÄrztInnen im Team zusammenarbeiten können. Dafür sollen Möglichkeiten für Flexibilität geschaffen werden, sowohl für Anstellungsverhältnisse, Gruppen- und Gemeinschaftspraxen, regionale Netzwerkbildung u. ä.

Dass Österreich beim Nichtraucherschutz im europäischen Vergleich noch immer Schlusslicht ist, stört uns sehr, denn Nichtraucherschutz ist den Grünen ein großes Anliegen. Vor allem das Rauchverhalten der Jugendlichen in Österreich ist besorgniserregend.

Deshalb werden wir uns im Rahmen der EU dafür einsetzen, dass die Regelungen in Österreich zum Nichtraucherschutz verbessert werden. Konkret wollen wir endlich ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie und anderen öffentlichen Orten erreichen.

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FPÖ – Delegation

1. Die niedergelassenen Ärzte sind das Fundament der österreichischen Gesundheitsversorgung. Die FPÖ hat gerade hier in der Unterstützung und Förderung der Übernahme von Landarztpraxen sowie einer Verbesserung der Ausbildungssituation für angehende Mediziner Initiativen gesetzt.

Hier sind etwa folgende Anträge zu nennen:

Maßnahmen- und Förderprogramm zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Bereich (414/A(E))

Verpflichtende Lehrpraxisausbildung samt Finanzierung durch die öffentliche Hand bei der Ausbildung zum Allgemeinmediziner (Dauer 12 Monate) (103/A(E))

Diese Initiativen werden wir auch im Rahmen der EU forcieren, da eine von manchen EU-Staaten betriebene „Verstaatlichung“ des Gesundheitswesens abzulehnen ist.

2. siehe 1.

3. Die dezentrale Erstversorgung sollte ausgebaut und gestärkt werden, da sie effizient, kostengünstig und im Sinne der Patienten ist, die nicht in anonymen Großkliniken medizinisch nach dem Nummern-System abgefertigt werden sollen, sondern eine persönliche und individuelle ärztliche Betreuung verdienen. Dieses individuelle Umfeld ist für den medizinischen Versorgungsbereich entscheidend und darf aus unserer Sicht nicht ausgehöhlt oder geschwächt werden.

4. Einen solchen „automatischen Datenaustausch“ lehnen wir aus grundsätzlichen datenschutzrechtlichen Gründen ab.

5. Das Opt-In Modell hat die FPÖ auch bei der ELGA-Einführung vertreten, denn es ist das einzige Modell, das den Interessen der Patienten und dem Datenschutz Rechnung trägt und ist daher zu unterstützen.

6. Zu dieser Problematik haben wir am 30. April einen entsprechenden Antrag im Parlament eingebracht der folgendermaßen lautet:

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein, Dr. Karlsböck

und weiterer Abgeordneter

betreffend Maßnahmen- und Förderprogramm zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Bereich

Bis zu 70 Wochenarbeitsstunden, Bereitschaftsdienst jede zweite Nacht und tausende Straßenkilometer jährlich unterwegs, – so lässt sich die Arbeit eines Landarztes in der Region draußen beschreiben. Auf Grund dieser Rahmenbedingungen fehlt bei vielen Landarztstellen bereits der Nachwuchs, der die Ordination übernehmen möchte. Bereits aktuell wird in vielen Regionen in den einzelnen Bundesländern der Ärztemangel für die Patienten spürbar. So gehen etwa im Bundesland Oberösterreich im kommenden Jahrzehnt mehr als die Hälfte der Landärzte in Pension. Dies führt dazu, dass eine qualitativ hochwertige ärztliche Nahversorgung unabhängig vom Alter, dem Einkommen und der regionalen und sozialen Herkunft der Patienten nicht mehr gewährleistet werden kann. Um auf diese gesundheitspolitische Herausforderung zu reagieren, muss ein bundesweites Maßnahmen- und  Förderprogramm geschaffen werden, das entsprechende Anreize zur Übernahme einer Landarztpraxis schafft. Mit der Schaffung eines solchen Maßnahmen- und Förderprogramm müssen sowohl die Arbeitsbedingungen als auch die Einkommenssituation bereits bestehender und zukünftiger Landärzte massiv verbessert werden.  Dabei ist insbesondere auch auf den hohen Anteil weiblicher Medizinabsolventen Bedacht zu nehmen. Die Stellung des Landarztes ist sowohl in seiner Stellung in der Gesellschaft als auch ökonomisch massiv aufzuwerten. Nur so kann der wachsende Landärztemangel gestoppt werden und eine adäquate Gesundheitsversorgung sichergestellt werden.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Gesundheit, wird aufgefordert, ein Maßnahmen- und Förderprogramm gegen den drohenden Ärztemangel zu initiieren und die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen, um eine qualitativ hochwertige und flächendeckende medizinische Versorgung der österreichischen Bevölkerung im ländlichen Bereich auch in Zukunft sicherzustellen.“

Werden Sie sich im Rahmen der EU dafür einsetzen, dass die gesetzlichen Regelungen für den Nichtraucherschutz so adaptiert werden, dass es in Österreich keine für die Gesundheit problematischen „Schlupflöcher“ gibt?

7. Den Nichtraucherschutz, der derzeit in Österreich Gültigkeit hat, ist als „österreichischer Kompromiss“ zwischen Gesundheitsschutz und individueller Freiheit ausreichend.

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Mag. Angelika Werthmann, BZÖ

1. Wir bekennen uns dazu, dass sich das österreichische Gesundheitswesen auf einem sehr hohen Standard befindet und dies in erster Linie auf die vielen engagierten Fachkräfte zurückzuführen ist. Daher steht es außer Frage, dass sich MdEP Werthmann auch künftig für den Schutz des Gesundheitsstandards auf europäischer Ebene und auch für die österreichischen Bürgerinnen und Bürger einsetzen und besonderes Augenmerk darauf legen wird. Dies betrifft auch die Bedeutung und den Stellenwert niedergelassener Ärztinnen und Ärzte.

2. Die Wahrung des qualitativ sehr hochwertigen Gesundheitsstandards wird auch künftig weiter als zentraler Punkt in meiner Arbeit fungieren. In Österreich besitzen wir hohe soziale Standards, die nur erhalten werden können, wenn die Rolle sowohl des gesamten ärztlichen wie auch des Pflegepersonals angemessen Berücksichtigung findet.

3. Da es sich hierbei um einen sehr spezifischen Umstand handelt, fällt dieser Teil des Gesundheitswesen und der Gesundheitspolitik in den nationalstaatlichen Kompetenzbereich. Dies ist ein Vorteil, da die nationalstaatliche Regelung es erlaubt, diesen Aspekt des Gesundheitswesens an die nationalen Umstände und Gegebenheiten anzupassen und es so effizient und effektiv wie möglich zu gestalten.

4. Frau MdEP Werthmann bekennt sich zum hohen Stellenwert des Datenschutzes und besonders der Schutz hochsensibler und privater Gesundheitsdaten muss gewährleistet werden. In Anbetracht der bedauerlicherweise stetig fortschreitenden Entwicklung zum gläsernen Menschen müssen hier klare Ansätze vertreten werden, die die Interessen der BürgerInnen in den Vordergrund stellen.

5. Nein, da in Entsprechung der oben genannten Rahmenbedingungen und Anforderungen gegenwärtig noch keine ausreichenden Standards gewährleistet sind und Vorbehalte bestehen, wie dies etwa auch die Debatte um die ELGA-Einführung in Österreich bestätigt.

6. Auch hierbei handelt es sich um einen Aspekt der Gesundheitspolitik, der in den nationalstaatlichen Kompetenzbereich fällt. Es gibt jedoch in einigen Bundesländern bereits Initiativen, die dem Landärztemangel entgegenwirken und auch Frau MdEP Werthmann unterstützt die oft angeführten Ansätze der geförderten Ärzteausbildung und der strukturierten Hilfestellung bei der Niederlassung in ländlichen Gebieten. Da der gleiche Zugang zu medizinischer Versorgung ein wichtiges Anliegen für Frau MdEP Werthmann darstellt, wird dieser Punkt auch auf europaweiter Ebene in die parlamentarische Arbeit einfließen.

7. Frau MdEP Werthmann setzt sich grundsätzlich gegen die Bevormundung aus Brüssel ein, und aus diesem Grund wäre ein nationalstaatlicher Ansatz besonders beim Nichtraucherschutz die beste Variante. Nichtsdestoweniger würde auf alle eingereichten Berichte, Änderungsanträge und Initiativberichte, die dieses Thema betreffen, besonderes Augenmerk gelegt werden, falls relevante Ansätze im Plenum zur Sprache kommen sollten.

 NEOS

1. JA, als Unternehmer und Freiberufler sind Ärzte eine wichtige Säule in unserem Gesundheitssystem. Diese Rolle sollen sie auch weiterhin in engere Kooperation mit anderen Berufsgruppen der medizinischen Versorgungslandschaft übernehmen, um den hohen medizinischen Standard in Österreich halten zu können und als Vorbilder für andere Länder zu dienen.

2. JA, vor allem im Zusammenhang mit einer multidisziplinären Versorgung im ländlichen Gebiet stehen die niedergelassenen Ärzte für eine wohnortnahe und individuelle Gesundheitsbetreuung.

3. In unseren Augen ist im PHC Modell der wohnortnahen Versorgung der entsprechende Hausarzt in Kooperation mit anderen Ärzten bzw. Berufsgruppen für die optimale Versorgung zuständig.

4. Das derzeitige ELGA-System ist dafür leider noch nicht ausgereift genug, wäre aber mit entsprechender Freigabe durch den Patienten und einer Optimierung der Datensicherheit (nur sehr eingeschränkter Zugriff und Dauer, ev. PW des Patienten etc.) sinnvoll.

5. Die derzeitige Lösung erscheint uns für den Anfang als ausreichend, wenn entsprechend sowohl die GesundheitsdienstleisterInnen als auch die PatientInnen informiert werden und alle wichtigen Daten zur Verfügung stehen. Der Patient muss in jeder Phase ohne künstliche bürokratische Hemmnisse Herr über seine eigenen Daten sein

6. Einerseits muss eine entsprechende Honorierung erfolgen (Überarbeitung der Leistungskataloge), eine flexible Arbeitszeitgestaltung (Teilzeit, geteilte Verträge, etc.) möglich sein und die Belastung durch ND und WE deutlich reduziert werden.Der intensive Spitalsbau darf nicht aufgrund mangelnder Orientierung an Wirtschaftlichkeit und Patientenorientierung die Betreuung in Ambulanzen verschieben und Ärzte als Arbeitskräfte binden.

7. JA, denn auch in Österreich ist eine klare gesetzliche Regelung wichtig.