Verlust weiterer ärztlicher Hausapotheken würde medizinische und medikamentöse Versorgung auf dem Land gefährden – Ärztekammer startet Plakat-Kampagne in Landarztpraxen mit Hausapotheke

In den kommenden zehn Jahren wird nicht nur mehr als jeder zweite der derzeit praktizierenden Landärzte altersbedingt in Pension gehen, parallel dazu schwindet auch die Zahl der noch existierenden ärztlichen Hausapotheken. Es gibt heute nur noch 850 ärztliche Hausapotheken, rund 100 weniger als im Jahr 2000, und eine aktuelle Erhebung zeigt, dass weitere knapp 100 aufgrund des geltenden Apotheken-Gesetzes in Gefahr sind. Die Ärztekammer warnt deshalb schon länger: Wenn nicht endlich etwas Wirksames passiert, werden in vielen Regionen medizinische und medikamentöse Versorgungsengpässe, wenn nicht Versorgungskrisen unvermeidbar sein.

Die aktuelle Untersuchung der Ärztekammer zeigt, dass seit 2006 in Österreich 78 ärztliche Hausapotheken stillgelegt wurden und weitere 99 aufgrund des Apotheken-Gesetzes teils akut gefährdet sind. Aufgeschlüsselt nach Bundesländern: Im Burgenland wurden 4 Hausapotheken seit 2006 stillgelegt, weitere 3 sind in Gefahr. Für Kärnten betragen diese Zahlen 7 bzw. 9, für Niederösterreich 16 bzw. 17, für Oberösterreich 9 bzw. 15, für Salzburg 11 bzw. 6, für die Steiermark 23 bzw. 36, für Tirol 3 bzw. 19, und für Vorarlberg 5 bzw. 3.

Der Hintergrund: Dem Nationalrat sollen bis Ende 2015 Regierungsvorlagen zur Beschlussfassung zugeleitet werden, die die ärztliche Versorgung sowie die Arzneimittelversorgung im ländlichen Raum nachhaltig sichern sollen. Aus Sicht der Ärztekammer wäre es für die Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen inakzeptabel, wenn von den verbleibenden ärztlichen Hausapotheken noch weitere aus gesetzlichen Gründe verloren gingen. Um erneut auf den  Ernst der Lage hinzuweisen, startet die Ärztekammer eine Plakat- und Folderaktion in Landarztpraxen mit Hausapotheke. Motto: „Gesundheitspolitik lässt ärztliche Hausapotheken sterben. Vielleicht muss auch Ihre schon bald zusperren.“

Geringfügige Änderungen im Apothekengesetz würden ausreichen

Um den Stand der derzeit noch knapp 850 Hausapotheken zu erhalten, müsste § 29 Apothekengesetz so geändert werden, dass die Bewilligung zur Haltung einer Hausapotheke aufrechtbleibt, auch wenn sich in der Umgebung eine neue Apotheke niederlässt. Hausapotheken-Standorte sollten auch bestehen bleiben, wenn Ärzte in Pension gehen und jüngere Ärzte eine Landordination übernehmen wollen. In jeder Einarzt-Gemeinde muss eine Hausapotheke unabhängig vom Kilometerabstand einer etwaigen Apotheke in einer Nachbargemeinde möglich sein.

Geringfügige Änderungen im Apothekengesetz würden aus rechtlicher Sicht ausreichen, um den Stand der noch verbliebenen ärztlichen Hausapotheken zu halten und die Versorgung in den ländlichen Regionen nicht noch weiter aufs Spiel zu setzen. Es sollten bei einer Novelle des Apothekengesetzes auch keine komplizierten Übergangsbestimmungen erlassen werden, die dann ohnehin von den Höchstgerichten wieder aufgehoben werden.

Ärztliche Hausapotheken stellen nicht nur die Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten sicher, sie bedeuten außerdem für Landärzte einen oft unentbehrlichen und existenzsichernden Einkommensbestandteil. Gibt es also in einer Gegend keine Hausapotheke mehr, wird sich die Suche nach einem Landarzt noch schwieriger gestalten, als das jetzt bereits der Fall ist. Und ohne Ärztin oder Arzt würde es auch niemanden mehr geben, der Medikamente empfiehlt oder Rezepte ausstellt. Davon wären sowohl die bereits bestehenden öffentlichen Apotheken im geografischen Umfeld negativ betroffen, als auch die Standorte, in denen sich eine neue öffentliche Apotheke niederlassen möchte. Letztlich würde das in vielen Fällen bedeuten, dass es weder Arzt noch Apotheke gibt.

Von den verbliebenen Hausapotheken-Standorten darf also keine weitere verloren gehen.