Das Jahr 2016 war ein Jahr der enormen Herausforderungen für uns Ärztinnen und Ärzte durch Politik und Sozialversicherungen. Stichwörter sind hier die Auswirkungen des Ärztearbeitszeitgesetzes mit all ihren Eskalationen in der Politik sowie ihren Auswirkungen auf den niedergelassenen Ärztebereich. Oder das skandalöse „Mystery Shopping“, oder das geplante PHC-Gesetz mit seinem klar erkennbaren Ziel der Schwächung der Ärzteschaft – um nur einige Beispiele zu nennen.
Der gesundheitspolitische Kulminationspunk dieses Jahres war der Österreich-weite „Streik und Aktionstag“ der Ärztekammer am 14. Dezember anlässlich der im Parlament beschlossen Artikel 15a-Vereinbarungen. Er brachte das sehr positive Ergebnis, dass sich alle Bundesländer daran beteiligt haben.
Parlamentarische Breitseite gegen Ärzte und Patienten
Aus gutem Grund: Was da im Parlament beschlossen wurde, war eine extreme gesundheitspolitische Breitseite gegen Ärzte und Patienten: So will die Politik künftig bei der Planung der niedergelassenen Ärzteversorgung ganz auf die Expertise der Ärzteschaft verzichten. Aber wer weiß besser als Ärztinnen und Ärzte mit all ihren täglichen praktischen Erfahrungen, was Patienten brauchen? Künftig werden sich jedenfalls Vertreter der Kassen und der Politik untereinander die Details der Versorgung ausmachen. Dass beide in erster Linie sparen möchten, lässt wenig Gutes erwarten, weder für Patienten noch für Ärzte.
Neue gesetzliche Maßnahmen ermöglichen es zudem, die medizinische Versorgung von Einzelpraxen in Versorgungszentren und Ambulatorien der Krankenkassen zu verlagern. Ein mögliches Beispiel: 150 Gemeinden haben derzeit rund 150 Arztpraxen. Beschließt die Politik, dass es künftig in dieser Region 50 Versorgungszentren geben soll, dann werden 100 Gemeinden keinen niedergelassenen Kassenarzt mehr haben. Der Preis dafür ist der Verlust der wohnortnahen Gesundheitsversorgung und der freien Arztwahl. Auch das ist eine Entscheidung gegen die Interessen von Arzt und Patient.
Schleichende Privatisierung – ein Hintergedanke der Politik
Ein erkennbarer Hintergedanke der Politik: Für solche Versorgungszentren werden sich auch private Konzerne und andere Investoren interessieren, wie sie bereits in allen EU-Ländern unterwegs sind. Kaufen sich allerdings Großkonzerne in solche Zentren ein und betreiben diese auf der Basis der Gewinnoptimierung, dann naht das Ende der sozialen Medizin. Es gilt also, gegen eine schleichende Privatisierung der Gesundheitsversorgung mobil zu machen.
Die am 14. Dezember von Österreichs Ärztinnen und Ärzten demonstrierte flächendeckende Aktionsbereitschaft war ein Signal an die Politik von hoher Bedeutung. Denn eines ist klar: Die Bemühungen der Politik, die Ärztevertretung aus Entscheidungsprozessen zu drängen und insgesamt zu schwächen, werden weiter gehen. Und zwar schon sehr bald, wenn zum Beispiel ein neues Gesetz zur Primärversorgung verhandelt werden wird. Auch hier wird die Politik – so wie bisher – versuchen, Rechte und Befugnisse der Ärzteschaft zu kappen.
Um und Auf ist ein geschlossenes Vorgehen
Es versteht sich von selbst, dass wir das nicht einfach hinnehmen werden. Das Konfliktpotenzial der kommenden Monate und die Angriffe der Politik auf unsere Freiberuflichkeit sind absehbar. Absehbar ist auch, dass die Aktionen der Ärztekammer gegen diese Politik weitergehen werden. Das Um und Auf ist dabei ein geschlossenes Vorgehen. Sollte die Politik den Streik- und Aktionstag am 14. Dezember bloß als Einmal-Maßnahme sehen, wäre das realitätsfern. Er war ein Auftakt zu einer Serie von Aktionen, mit denen wir versuchen werden, gesundheitspolitische Fehlentscheidungen zu verhindern.
Arbeiten wir gemeinsam daran, dass unser Gesundheitssystem nicht weiter Schaden nimmt. Und engagieren wir uns dafür, dass Ärzte nicht in Zukunft am Gängelband der Politik oder als Mitarbeiter von Großkonzernen arbeiten müssen. Wir Ärztinnen und Ärzte haben viel Expertise in gesundheitspolitische Entscheidungsprozesse einzubringen, und wir wollen angehört werden und nicht ausgegrenzt.
Gesundheitsgipfel wichtiger denn je
Seit Jahren fordern wir angesichts der vielen bisher ungelösten Probleme im Gesundheitswesen einen Gesundheitsgipfel, bei dem sich alle Stakeholder zusammensetzen und verhandeln, bis sinnvolle Lösungen für zumindest die wichtigsten der vielen gesundheitspolitischen Probleme gefunden werden. So ein Gesundheitsgipfel ist jetzt, nach einem gesundheitspolitisch ausgesprochen problematischen Jahr, wichtiger denn je.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Nächsten einen angenehmen Jahresausklang, einen guten Jahresbeginn und alles Gute für 2017. Das kommende Jahr wird, soviel steht fest, wieder ein Jahr mit vielen Herausforderungen für uns Ärztinnen und Ärzte.