Patientenanwalt Dr. Bachinger: Beruf verfehlt!

Der Niederösterreichische Patientenanwalt Dr. Gerald Bachinger, der auch Sprecher der österreichischen Patientenanwälte ist, brachte in einem Interview mit dem „Kurier“ sein bisweilen erstaunliches Weltbild auf den Punkt. Einige Kostproben: Österreich sei bei den Hausärzten „schwachbrüstig aufgestellt. Mit ‚Einzelkämpfer-Ordinationen‘ lässt sich kein Krieg mehr gewinnen.“…„Wir brauchen dringend multiprofessionelle Teams, die sich um die primäre, medizinische Versorgung, sprich ‚PHC – Primary Health Care‘ kümmern.“ … „Den Ärztemangel gibt es nicht“…„Ich habe keine Probleme damit, wenn alle ärztlichen Hausapotheken geschlossen werden.“

Das kennt man alles bis zum Überdruss: Trotzdem möchte ich, bevor ich zum Grundsätzlichen komme, ein paar richtig stellende Fakten zu den Aussagen des Patientenanwalts anmerken. Sein politisch motivierter Rundumschlag gegen die Ärzteschaft soll nicht unwidersprochen bleiben:

  • Die österreichische Bevölkerung zeigte sich kürzlich in einer repräsentativen Umfrage zu  96 Prozent mit ihrem Hausarzt zufrieden, drei Viertel der Befragten wünschen sich, dass es mehr Hausärzte geben soll – so viel zur von Dr. Bachinger diagnostizierten „Schwachbrüstigkeit“. Und was, bitte, sollen „Einzelkämpfer-Ordinationen“, sein, mit denen sich „kein Krieg mehr gewinnen“ lässt? Zuletzt zu viele Rambo-Filme gesehen?
  • Zu den angeblich „dringend“ benötigten PHC sei in Erinnerung gerufen, dass sich hinter diesem Begriff sehr Unterschiedliches verbirgt – bis hin zu anonymen Gesundheitsfabriken und Modellen, die auf eine Abschaffung niedergelassener Ärzte abzielen. So etwas werden Sie doch wohl nicht meinen, Herr Patientenanwalt?
  • Zu behaupten, es gebe keinen Ärztemangel, ist skurril – insbesondere in Zeiten der zusätzlichen Probleme durch das neue Ärztearbeitszeitgesetz: Leistungsrücknahmen in Spitälern, Ausweichen von Patienten in den niedergelassenen Bereich, lange Wartezeiten für Arzttermine – und das alles vor dem Hintergrund von 900 Arztpraxen mit Kassenvertrag weniger als vor 15 Jahren.
  • Dass Dr. Bachinger „keine Probleme“ damit hat, „wenn alle ärztlichen Hausapotheken geschlossen werden“, glaube ich ihm aufs Wort. Im Unterschied zur Landbevölkerung ist er auf diesen wichtigen Service wohl auch nicht angewiesen. Doch die Landbevölkerung hätte bei einer Medikamentenversorgung a la Dr. Bachinger das Nachsehen. Auch seine im Interview getätigte Feststellung, dass „nicht Mediziner, sondern Pharmazeuten die Spezialisten für Medikamente“ sind, muss erstaunen.

Lobbyist der österreichischen Gesundheitspolitik.

Man könnte natürlich solche Äußerungen von Dr. Bachinger als leicht widerlegbare Politik-Polemik abtun, stünde dahinter nicht ein sehr problematisches Prinzip: Anders als bei vielen anderen Patientenanwälten, die ihren Beruf als Dienst am Patienten auffassen und Patientenrechte durchsetzen möchten, ist das Berufsverständnis von Dr. Bachinger offensichtlich ein politisches. Er benimmt sich meiner Ansicht nach wie ein verlängerter Arm seiner Landesregierung und wie ein Lobbyist der österreichischen Gesundheitspolitik. Wann hört man von ihm etwas über Missstände in öffentlichen Spitälern Niederösterreichs? Wann kritisiert er die Gesundheitspolitik des Bundes? Wann äußert er sich kritisch zu Versorgungsengpässen, wie sie zuletzt anlässlich des Ärztearbeitszeitgesetzes massiv aufgetreten sind?

Sucht man hingegen Angriffe auf den niedergelassenen Ärztebereich, wird man rasch fündig – siehe das oben erwähnte Interview. Damit schafft man es als Patientenanwalt, doch immer wieder einmal in die Medien zu kommen, und so fällt es weniger auf, dass man seine Dienstherren bestmöglich schont.

Und so wird auch klar, warum bei Dr. Bachinger eine „Patientenanwaltschaft“ im Wortsinn, ein Eintreten für echte Patienteninteressen gegebenenfalls auch gegen den Wunsch der Obrigkeit, nur schwer erkennbar ist. Wie auch, wenn einem das Auftraggeber-Hemd näher sein muss als der Patienten-Rock?

Herr Dr. Bachinger lässt sich von der Politik instrumentalisieren. Er hat seinen Beruf als „Patientenanwalt“ verfehlt.

Dass es auch anders geht, zeigt der Wiener Patientenombudsmann Franz Bittner. Er wurde demokratisch und frei von den Sozialversicherten gewählt, er ist erkennbar unabhängig und nachvollziehbar dem Interesse der Patienten verpflichtet.

Solche „echten“ Patientenanwälte braucht Österreich.