Versorgungs-Optimierung: Überlegungen zum Welt-Diabetes-Tag

Vor einigen Tagen referierte ich beim Themenclub Gesundheit der ÖVP zum Thema Diabetes aus der Sicht niedergelassener ÄrztInnen. Anlässlich des Welt-Diabetes-Tages am kommenden Sonntag fasse ich diese Überlegungen hier zusammen, denn das Thema ist brisant und Verbesserungen sind dringend angesagt: Kurzum: Unser Kassensystem stößt bei der Versorgung von Menschen mit Diabetes an Grenzen und ist reformbedürftig.

Zunächst: Die Betreuung von Diabetes-PatientInnen ist für niedergelassene ÄrztInnen höchst aufwändig und beinhaltet hohe Anteile an Gesprächen, Information, Beratung, Schulung, Kontrolle, Therapieanpassung, etc. Dabei geht es u.a. darum, bei Diabetes-Kranken zunächst einmal Verständnis für ihre Krankheit herzustellen, sie müssen ihre Blutzuckerwerte messen und kennen, und es geht um Lebensstiländerungen, also zum Beispiel um Bewegungs- und Ernährungsberatung. Das ist oft sehr schwierig, weil man die Menschen an strenge und konsequente Maßnahmen gewöhnen muss, die sie oft ablehnen, die aber sehr wichtig sind. All das erfordert sehr viel Zeit, Informations- und Überzeugungsarbeit, und engagierten ärztlichen Einsatz, und ist nicht mit den meisten anderen Krankheiten zu vergleichen, mit denen Patienten in der Regel zum niedergelassenen Arzt gehen.

Realitätsferne kassenärztliche Honorar-Realität

Dem steht die kassenärztliche Honorar-Realität gegenüber, dass nämlich dieser Aufwand bei weitem nicht angemessen honoriert wird. Ein Ärztekammerfunktionär und Facharzt für Innere Medizin sagte mir kürzlich, dass DiabetespatientInnen wegen des hohen ärztlichen Betreuungsaufwandes in den normalen kassenärztlichen Praxisalltag nur sehr schwer zu integrieren seien. Und dass der erforderliche Aufwand den ÄrztInnen bei Weitem nicht abgegolten werde. Ihre Leistungen würden den ÄrztInnen honoriert wie bei Ohrenschmerzen oder anderen leichteren Beschwerden. Er sei deshalb froh um jeden Diabetes-Patienten, den er nicht betreuen müsse. Im Übrigen auch nicht im Rahmen von Disease-Management-Programmen, die mit einem sehr hohen bürokratischen Aufwand verbunden seien.

Ich weiß, das ist insgesamt ein wenig befriedigender Befund. Ich berichte das alles, um ein realistisches Bild aus ärztlicher Perspektive zu vermitteln.

Vorschläge für Verbesserungen

Aus der Sicht niedergelassener ÄrztInnen gibt es zur Optimierung der Betreuung von Patienten mit Diabetes einige zentrale Forderungen:

  1. Der Zugang zu modernen Diabetes-Medikamenten muss erleichtert werden. Niedergelassene ÄrztInnen kritisieren vielfach, dass der unkomplizierten Verfügbarkeit häufig zu viele bürokratische Hemmnisse gegenüberstehen, je nach Bundesland oft unterschiedlich.
  2. Die telemedizinische Betreuung von Diabetes-PatientInnen muss zügig ausgebaut und entsprechend honoriert werden. Das schließt die entsprechende Schulung – bzgl. Diabetes und Telemedizin – von PatientInnen ein, aber auch elektronischen Datenaustausch zwischen Krankenhaus, Ambulanzen bzw. PatientInnen, sowie die Teleordination, zum Beispiel zur Befundbesprechung. Ein elektronischer Diabetespass, der für ganz Österreich gilt und gut funktioniert, wäre eine positive Weiterentwicklung und ließe sich gut in die elektronische Vernetzung integrieren.
  3. Der hohe und zeitaufwändige Anteil an Gesprächsmedizin und Beratung in der Betreuung von Menschen mit Diabetes muss im kassenärztlichen Leistungskatalog und schließlich im Honorarkatalog angemessen berücksichtigt werden. Die Bundeskurie niedergelassene Ärzte hat erst im Mai ihren neuen, zur Gänze überarbeiteten und modernisierten Leistungskatalog vorgestellt, in dem im Zusammenhang mit Diabetes die Gesichtspunkte Beratung, Schulung und Telemedizin besonders betont werden. Wir hoffen sehr, dass dieser Leistungskatalog bei der Österreichischen Gesundheits-Kasse auf wohlwollende Berücksichtigung stoßen.
  4. Die Diabetes-Ausbildung zu forcieren ist natürlich immer sinnvoll. Wir haben dieses Thema deshalb im Fortbildungsprogramm drin. Die Diabetesgesellschaft könnte aber wesentlich mehr Fortbildung anbieten, der Bedarf ist sicherlich gegeben.
  5. Der kommunikative Austausch zwischen Spitalsambulanzen und niedergelassenen ÄrztInnen sollte systematisiert werden. Günstig wäre ein Musterbefundbericht, der einen möglichst guten, vollständigen und vergleichbaren Informationsaustausch ermöglicht, und an den sich möglichst alle halten.